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War Goethe Muslim?

Folgender Beitrag von Manfred Osten erschien am 17.05.2002 in der Neuen Züricher Zeitung (Feueilleton):

Als Goethe 1814 mit seinem Gedichtzyklus «West-Östlicher Divan» dem Orient seine Reverenz erwies, setzte er sich - durchaus nicht unbeabsichtigt - dem Verdacht aus, selbst ein «Muselmann» zu sein. Tatsächlich galt Goethe der Islam als beruhigende Gegenwelt zur westlichen Zivilisation, die ihm von Rastlosigkeit geprägt erschien. Des kulturellen Schismas zwischen dem Islam und dem Westen war er sich früh bewusst und verfasste Abhandlungen von weit vorauseilender Modernität.

Im Dezember 1740 übersendet der französische Philosoph Voltaire Friedrich dem Grossen
seine Tragödie «Mahomet» und empört sich im Begleitschreiben über den angeblichen
Lügen-Propheten, seine Titelfigur, mit den Worten: «Doch dass ein Kamelhändler in seinem Nest Aufruhr entfacht, dass er seine Mitbürger glauben machen will, dass er sich mit dem Erzengel Gabriel unterhalte, dass er sich damit brüstet, in den Himmel entrückt worden zu sein und dort einen Teil jenes unverdaulichen Buches empfangen zu haben . . . das ist nun mit Sicherheit etwas, das kein Mensch entschuldigen kann, .. es sei denn, der Aberglaube hat ihm jedes natürliche Licht erstickt.»

Goethe, der 1799 auf Wunsch seines Herzogs, Carl August, Voltaires Tragödie übersetzt, ist anderer Meinung. Er teilt zwar Voltaires Ablehnung des Fundamentalismus, distanziert sich aber entschieden vom negativen Mohammed-Bild seiner Zeit. Er unterdrückt in seiner Übersetzung kurzerhand eigenmächtig den menschenverachtenden Schlussmonolog des Voltaire'schen Mahomet und verhilft dem Werk in dieser Fassung bereits wenige Monate später zur Erstaufführung in Weimar. Schon 1772/73 hatte Goethe mit dem Plan seines fünfaktigen Entwicklungsdramas «Mahomet» gegen die zeitgenössische Islam-Rezeption rebelliert, die Mohammed als falschen Propheten, Tyrannen und Betrüger diffamierte.

Er verstand den Religionsstifter vielmehr als das (Sturm-und-Drang-)Ideal eines grossen
schöpferischen Genies. Goethe wollte in seinem Drama das Schicksal des Propheten auf der Suche nach seinem Gott darstellen. Geblieben ist von diesem Plan freilich nur eine Prosaszene und jener berühmte Hymnus, den Goethe 1789 unter dem Titel «Mahomets Gesang» veröffentlicht: Der Prophet wird hier verherrlicht als der alles mitreissende Strom; allein herrschend, unwiderstehlich trägt er am Ende «seine Kinder / dem erwartenden Erzeuger / freudebrausend an das Herz».

Anfang eines Dialogs

Ein enthusiastisches Mohammed-Bekenntnis. Ist es zugleich der Beginn eines sehr persönlichen Dialogs mit dem Islam? Eines Dialogs von weit vorauseilender Modernität? Goethe war sich offenbar früh des kulturellen Schismas zwischen dem Islam und dem Westen und der daraus resultierenden Notwendigkeit des grossen Gesprächs bewusst. Für seinen Versuch eines solchen Gesprächs, den 1814 entstandenen Gedichtzyklus «West-Östlicher Divan», mag allerdings nach wie vor Nietzsches Verdikt gelten, Goethe sei in der Geschichte der Deutschen «ein Zwischenfall ohne Folgen».

Noch heute begegnen viele Germanisten dem interkulturellen Geniestreich mit Vorbehalten.
Immerhin hat Goethe mit diesem Werk schon vor rund 200 Jahren nichts Geringeres vorbereitet als den Dialog mit dem Islam. Die Strategie, die er hierbei verfolgt, beruht auf gründlicher Beschäftigung mit dem scheinbar Fremden. Bei Goethe endet sie in Anerkennung, ja in der Überzeugung, dass der Koran das wichtigste religiöse Dokument derMenschheitsgeschichte neben der Bibel sei.

Goethe setzte sich mit dem «West-Östlichen Divan», seiner Reverenz an den Orient, bewusst dem Verdacht aus, selbst ein «Muselmann» zu sein. Immerhin erklärt er in seiner «Divan»-Ankündigung, er lehne den Verdacht nicht ab. Er hat sich intensiv mit der islamischen Welt beschäftigt: durch die Lektüre des Korans und orientalischer Dichtung in Übersetzungen. Er hat - aus einer lateinischen Ausgabe des Korans - bereits früh die 6. Sure übersetzt und sich später in ausführlichen arabischen Schreibübungen versucht. Und schliesslich hat er selber an einem mohammedanischen Gottesdienst teilgenommen. Als 1814 baschkirische Soldaten aus dem gegen Napoleon verbündeten Russland nach Weimar kommen, nimmt Goethe an ihrer Andacht teil und notiert, «dass im Hörsaale unseres protestantischen Gymnasiums mahometischer Gottesdienst gehalten werde und die Suren des Korans hergemurmelt werden».

Prophet und nicht Poet

Der 77-jährige Goethe hat sogar den Satz gewagt, «dass dieser Lehre Mohammeds nichts fehlt und dass überhaupt niemand weiter gelangen kann». Das hat Goethe freilich nicht daran gehindert, im «Divan» auch die den Eros unbefangen feiernde, vorislamische Poesie, die Beduinenlyrik in der «Moallakat», zu rühmen - denn der Prophet habe keinerlei poetische Begabung. Mohammed habe «heftig behauptet und beteuert, er sei Prophet und nicht Poet und daher sei auch sein Koran als göttliches Gesetz und nicht als menschliches Buch zum Unterricht oder zum Vergnügen anzusehen». Goethe kommt in seinen «Noten und Abhandlungen zum West-Östlichen Divan» zum lapidaren Ergebnis:

«Der ganze Inhalt des Korans, um mit wenigem viel zu sagen, findet sich zu Anfang der
zweiten Sura und lautet folgendermassen:..» Goethe war auch durchaus schon die bedingungslos kategorische, ans «Furchtbare» grenzende Diktion des Korans aufgefallen: «Der Stil des Korans ist seinem Inhalt und Zweck gemäss streng, gross, furchtbar, stellenweise wahrhaft erhaben; so treibt ein Keil den anderen, und darf sich über die grosse Wirksamkeit des Buches niemand verwundern.» Und es ist vermutlich nicht zuletzt diese «grosse Wirksamkeit» des Korans, die Goethe in den «Noten und Abhandlungen» zum bestürzend modernen Fazit gelangen lässt: «Das eigentliche, einzige und tiefste Thema der Welt- und Menschengeschichte, dem alle übrigen untergeordnet sind, bleibt der Konflikt des Unglaubens und Glaubens.»


Der Islam als «beruhigende» Gegenwelt

Getadelt hat Goethe vor allem, dass Mohammed den Eros diskreditiert und den Frauen eine
«düstere Religionshülle» übergeworfen habe.Und auch das Wein- und Rauschverbot des Propheten hat Goethe keineswegs behagt. Was Goethe aber zutiefst an der Lehre Mohammeds faszinierte,hat er 1827 gegenüber Eckermann offenbart:

«Jenes philosophische System der Mohammedaner ist ein artiger Massstab, den man an sich
und andere anlegen kann, um zu erfahren,auf welcher Stufe geistiger Tugend man denn
eigentlich stehe.» Die «geistige Tugend»,die Goethe mit dem Islam vor allem verband,
war seine Neigung zum Determinismus, zum Glauben an ein durch Gott vorbestimmtes Schicksal,denn «Zuversicht und Ergebung» seien «die echte Grundlage jeder besseren Religion»- eine Einsicht, die für Goethe im Entschluss resultierte, dass er sich «im Islam zu halten suche», wie er dem Komponisten Karl Friedrich Zelter in einem Brief anvertraute. Goethe hat gegenüber Eckermann denn auch keinen Zweifel daran gelassen, auf welch hoher «Stufe geistiger Tugend» Mohammeds Lehre für ihn figurierte: «Als Grundlage in der Religion befestigen die Mohammedaner ihre Jugend zunächst in der Überzeugung, dass dem Menschen nichts begegnen könne, als was ihm von einer alles leitenden Gottheit längst bestimmt worden; und somit sind sie denn für ihr ganzes Leben ausgerüstet und beruhigt und bedürfen kaum eines weiteren.» Die hieraus resultierende Furchtlosigkeit, oder eben «Zuversicht und Ergebung», kontrastierte freilich schon damals mit jenem westlichen «Imperativ der Herdenfurchtsamkeit», die Nietzsche in «Jenseits von Gut und Böse» auf die Formel bringen sollte: «Wir wollen, dass es irgendwann einmal nichts mehr zu fürchten gibt! . . . Der Wille und Weg dorthin heisst heute in Europa der Fortschritt.»

Wie denn überhaupt dieses Element der Lehre Mohammeds Goethe als positiver Gegensatz
erschien zu den übereilenden Tendenzen seiner Zeit und der westlichen Zivilisation überhaupt. Der Islam stellte für Goethe eine «beruhigende» Gegenwelt dar zur «veloziferischen» Welt des Westens, die gekennzeichnet ist durch die Verschränkung der Eile (velocitas) und Luzifers.

Das Standardwerk «Goethe und die arabische Welt» der in Amerika lebenden Germanistin
Katharina Mommsen wurde zwar bei seinem Erscheinen im Jahr 1988 von der Zunft gefeiert, doch die überragende kulturpolitische Bedeutung dieser philologischen Pionierleistung blieb weitgehend unbemerkt. Mommsens Verdienst ist gewesen, das bis dahin nahezu in Vergessenheit geratene Islam-Verständnis Goethes im Kontext seiner intensiven Beschäftigung mit dem Orient detailgenau nachgewiesen zu haben.

Nach den Ereignissen des 11. September 2001 scheint es geboten, auf dieses bahnbrechende Werk erneut hinzuweisen. Inzwischen liegt eine gekürzte Version des Buches als Taschenbuch vor (Insel-Verlag, Frankfurt am Main 2001). Vom Herausgeber Peter Anton von Arnim erfährt der Leser Aufschlussreiches zur «wiederholten Spiegelung» Goethes im arabischen Orient:
Katharina Mommsens Buch, das in Kuwait 1995 in arabischer Übersetzung erschienen ist,
wurde dort nämlich einer muslimischen Zensur mit eigenmächtigen Fussnoten unterworfen.
Vor allem stiessen die Hinweise auf die Philosophie Spinozas im Goethe'schen Gottesbild auf Missbilligung. Denn für Goethe verschränkte sich die beruhigende und den faustisch-übereilenden westlichen Tendenzen entgegengesetzte Lehre Mohammeds mit der Lehre des Spinoza. Spinozas pantheistische Gotteslehre gipfelt jedenfalls im Satz: «Alles,
was ist, ist in Gott» - mit der Schlussfolgerung, dass sogar der angeblich freie Wille des Menschen seine letzte Ursache in Gott hat. Bereits in «Dichtung und Wahrheit» hatte
Goethe daher Spinoza gerühmt mit den Worten: «Die alles ausgleichende Ruhe Spinozas kontrastierte mit meinem alles aufregenden Streben . . . und . . . machte mich zu seinem leidenschaftlichen Schüler, zu seinem entschiedensten Verehrer.»



Geschrieben am: 03.02.2003
gelesen: 239
Autor: Manfred Osten (Neue Züricher Zeitung)
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