Friedrich der 2. und Islam
Der meistbewunderte Arabist des 13. Jahrhunderts war Kaiser Friedrich II (1194-1250). Der regelrecht islamophile Hohenstaufen-Kaiser disputierte mit den Muslimen auf Arabisch über Logik und Philosophie, über Mathematik und Medizin. Sein Standpunkt gegenüber dem jeweiligen Monopolanspruch der rivalisierenden christlichen und islamischen Religion war relativierend und versöhnend. Friedrich setzte sich wohlwollend islamischen Umgebungen und Einflüssen aus und ließ sich von der islamischen Lebensauffassung deutlich beeinflussen. Als Sinnbild seiner islamischen Zugewandheit ließ er in Lucera, Italien, eine sarazenische Kolonie mitsamt Moschee erbauen.
Der Hohenstaufen-Kaiser, so behauptet Erich Knapp, war als Muslim aufgezogen worden. Die vielbeschworene Widersprüchlichkeit seines Lebens verschwände, sobald man diese Hypothese ernsthaft andenken würde.
Tatsächlich hat der «größte Friedrich» exorbitante Phänomene gezeitigt, die anders nicht erklärt werden können.
Da ist der Briefwechsel Friedrich II mit dem bedeutendsten Lehrer der Universität von Fez in Marokko. Die Freundschaft des Sizilianers mit Emir Fachr-ed-Din, dem Botschafter Sultan al-Kamils in Kairo. Vor allem aber sein Verhältnis zur Kirche deutet massiv darauf hin, dass Friedrich ein deutsch-sizilianischer Kryptomuslim (Erich Knapp) gewesen sein könnte.
Das Rätsel eines «absurden Konstruktes eines Aufklärers ohne Vorläufer in der tiefsten Nacht mittelalterlicher Christenlichkeit», meint Erich Knapp in seinem aufschlussreichen Artikel War der deutsche Kaiser Friedrich II von Hofenstaufen ein Muslim?, könne sich nur durch die Annahme, dass Friedrich ein Geheim-Muslim war, einsichtig lösen.
Die Haltung des Papstes bestärkt diese These. 1239 hatte der Papst an seine Kardinäle in einem Brief geschrieben, Friedrich II würde «um die Mauern des katholischen Glaubens zu zerbrechen», die «seelenvernichtenden Kampfmittel der Ismaeliten (also Muslime)» anwenden.
Warum aber hat sich der Kaiser dennoch formal recht christlich verhalten? Die Möglichkeit, seinen islamischen Glauben auch unter den Symbolen des Christentums zu bekennen, gehöre zu den sufischen Vertiefungen des Islam, gibt Erich Knapp zur Antwort. Der Hohenstaufen-Kaiser, dem man den Ehrennamen gab «Wunder und Wandler der Welt», hätte dem kirchlichen Anspruch nur soweit entsprochen, wie dieser seinen islamischen Glauben nicht in Gefahr gebracht hätte. Denn «Friedrich war zeitlebens ein mal versteckter, mal offener Gegner des Weltherrschaftsanspruches der katholischen Kirche gewesen». Am offensichtlichsten würde diese Gegnerschaft und sein islamischer Glaube an seiner friedlichen Eroberung Jerusalems demonstriert werden können, obwohl der Papst auf einem brutalen Vernichtungsfeldzug bestand. Damit aber hätte Friedrich die Feindschaft der Muslime auf sich gezogen, und das wollte er unbedingt nicht! Kein Wunder, dass ihn der Vatikan für diesen Schachzug bannte.
Die zisterziensische Kutte, die sich der sterbende Hohenstaufe übergezogen hatte, ändere an dieser Sichtweise nichts, argumentiert Erich Knapp, da diese eher auf eine Sufi - als auf eine christlichen Ordenstracht hinweisen würde. Der «Antichrist», wie man den Kaiser in Kreisen des Christentums nannte, ließ sich in das Gewand des Zisterzienserordens hüllen, da diese eine muslimische Ordenstracht, die der Muhawiden, der «Einheitsgläubigen», trugen. Die Mönchskutte des sterbenden Kaisers wäre also in Wirklichkeit sein letztes, wortloses Bekenntnis als Muslim gewesen.
Auch andere Historiker wollen das maurisch-mohammedanische Erbe (Ernst u. Otto Schönbauer) von Kaiser Friedrich II mehr gewürdigt wissen, um diesen hohen Geist differenzierter betrachten zu können. Mag sein, um seine Strategie schlechthin und überhaupt begreifen und ergründen zu können. Denn, wie der Mediaevalist E. Gebhard in L’Italie mystique schrieb: «Nicht der Islam» sei es gewesen, was der Kaiser dem Christentum entgegensetzte, vielmehr sei die «mohammedanische Tradition, der er sich anschloss, ... die islamischer Dissidenten» gewesen. Womit alternativ entweder die islamischen Philosophen oder aber die islamischen Sufis gemeint sind.
Geschrieben am: 07.02.2003
gelesen: 217
Autor: Hussein Abdul Fattah
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